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25. August 2010

Um 7:00 Uhr erreichte die "Pimadonna" Rousse am Donaukilometer 495. Rousse ist der einzige Donau-Freihafen Bulgariens. Die Donaukilometer werden im Gegensatz zu anderen Flüssen vom Schwarzen Meer aufwärts gezählt. Der Kilometer 0 liegt bei Sulina. Der Donau-Schwarzmeer-Kanal, den wir nach Konstanza gefahren sind, zweigt bei km 300 von der Donau ab.
Pünktlich um 8:30 Uhr standen die Busse bereit. Wir verließen die Stadt auf einer Hauptverkehrsstraße, viele Lastwagen waren unterwegs, denn hier gibt es die einzige Brücke über die Donau zwischen Rumänien (Giurgiu) und Bulgarien (Rousse), die Brücke der Freundschaft, eine eindrucksvolle 2 km lange Doppelbrücke. Auf der oberen Etage fahren die Autos und unten die Eisenbahn. Unser Ziel war Veliko Tarnovo 80 km südlich von Rousse. Wir fuhren 1 ½ Stunden, erst ging es durch die Donauebene vorbei an großen Feldern mit erntereifen Sonnenblumen, dann näherten wir uns allmählich den Vorgebirgen des Balkangebirges, das am Horizont sichtbar wurde. Die Häuser von Veliko liegen wie aufeinander gestapelt am Hang einer steilen Schlucht.
Da in einem der benachbarten Täler Rosen gezüchtet werden, aus denen Rosenöl hergestellt wird, lud man uns als erstes ein, Rosenschnaps (50%), Rosenlikör (etwas weniger %) und Rosenhonig zu probieren und natürlich zu kaufen. Es ist erstaunlich, aber selbst bei dem hochprozentigen Schnaps schmeckte ich das, was ich bisher nur als Duft kannte.
Wir fuhren weiter den Berg hinauf nach Arbanassi, einem sehr gut erhaltenen Dorf aus dem 17. Jahrhundert.
Hier konnten wir eines der alten Häuser reicher Bauern besichtigen. Wir gingen durch eine schwere Holztür, die noch mit Eisennägeln verstärkt war und dann eine steile Treppe hinauf zu den Wohnräumen, die wie damals üblich eingerichtet waren. Sogar einen abschließbaren Toilettenraum gab es, wenn auch nur zwei dreieckige Löcher in den Holzboden gesägt worden waren - aber immerhin.
Wenn, wie die Reiseleiterin erklärte, sonst die ganze Familie in einem fast den Raum füllenden großen Bett schlief, durfte die Mutter mit ihrem frischgeborenen Kind 40 Tage ungestört in einem eigenem Raum verbringen. In ihm stand ein großes Bett und darüber eine Hängematte für das Baby. Während dieser Zeit galt die Mutter als unrein und erst mit dem Segen der Kirche konnte sie nach diesen 40 Tagen wieder am normalen Dorfleben teilnehmen.
In Arbanassi gab es 7 Kirchen, aber eine ist etwas ganz besonderes. Sie ist ein unauffälliges, langgestreckte Gebäude, eher einer Scheune als einer Kirche ähnlich. Arbernassi hatte zur Zeit der Besetzung Bulgariens durch die Türken besondere Privilegien, deshalb stehen hier nicht nur die großen Bauernhäuser, sondern auch diese eigenartige Kirche. Innen gibt es eine Männerabteilung, eine Frauenabteilung und eine Galerie. Die Tonnengewölbe aus Holz sind vollständig mit christlichen Szenen bemalt. Die Anzahl und die Komposition der farbigen Bilder war für mich unverständlich, denn ich müsste mehr von der Kirchengeschichte verstehen. Die Menge der Einzelgemälde und ihre Farbenpracht überfordert den Blick fürs Detail. In so niedrigen Räumen soviel Malereien habe ich noch nie gesehen - ich stand davor und bestaunte die farbige Pracht.
Zum Mittagessen gingen wir in eines der alten Bauernhäuser. Um einen Innenhof waren die Tische für uns gedeckt. Wir bekamen eine leckere Balkanspezialität serviert. Erst einen griechischen (hier heißt er sicherlich bulgarischer) Salat, dann wurde in typischer bulgarischer Keramik Hühnerfleisch scharf gewürzt mit verschiedenen Paprikasorten, Tomaten und Zwiebeln gereicht. Dazu gab es Wein und Wasser. Während des Essen unterhielt uns eine bulgarische Volkstanzgruppe. Es war sehr schön, den traditionell gekleideten Tänzern und Musikern zuzusehen.
Leider ging es bald zurück nach Veliko Tarnovo, gern wäre ich noch länger sitzen geblieben, denn eigentlich hatte ich keine Lust, wieder durch die Hitze zu wandern. Aber es half nichts, wir mussten noch durch die Handwerkerstraße des Städtchens. Auch den Handwerkern fehlte die Lust zum Arbeiten, so konnten wir weder dem Kupferschmied, dem Silberschmied, dem Schuhmacher noch dem Ikonenmaler über die Schulter sehen.
Kaum saßen wir wieder im kühlen Bus, mussten wir noch einmal aussteigen, denn wir sollten noch einen Blick auf die hoch am Berg liegenden Befestigungsanlagen werfen. Schließlich war Veliko Tarnovo 1187 - 1393 Hauptstadt des zweiten Bulgarischen Reiches bis die Burg der Belagerung durch die Osmanen nicht standhielt.
Unser Weg zurück zum Schiff war etwas kürzer als der Weg nach Veliko Tarnovo, denn die "Primadonna" war weiter gefahren und wartete in Svistov auf uns.