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30. August 2010

Um halbfünf wurde ich wach, mir fehlte das gleichmäßige Geräusch der Schiffsmotoren. Wir hatten in Mohacs angelegt. Dieser Zwischenstopp interessierte uns Passagiere wenig, denn die Formalitäten für die Einreise nach Ungarn, also in die EU-Zone, erledigte das Schiffspersonal für uns.
Zwar hat sich die Landschaft, durch die wir jetzt fuhren, kaum von der gestrigen unterschieden, aber die Ufer waren belebter. Es gab hübsche Häuser, am Ufer lagen Motorboote an kleinen Steganlagen, aber noch immer war Schiffsverkehr auf dem Fluss selten.
Allmählich wurden die Ufer flacher, wir konnten weit ins Land schauen. Wir hatten die Puszta erreicht. Puszta bedeutet so viel wie verlassen. Es ist eine weite Grasebene, die durch Abholzung der Wälder im Mittelalter entstand, und erst im 19. Jahrhundert ermöglichten Projekte zur Bewässerung- und Bodenverbesserung Großgrundbesitzern die Schaf- und Pferdezucht.
So führte uns unser nächster Ausflug gleich nach dem Anlegen in Kalocsa am km 1515 zu einer Reiterschau. Leider versteckten die Wolken am Himmel die Sonne, und es drohte zu regnen. Aber der große Reitplatz hatte an der einen Seite eine überdachte Tribüne. Versorgt mit traditionellem Schmalzbrot und einem Glas Wein konnten wir hier den Beginn der Vorführung abwarten. Natürlich war ein typischer Ziehbrunnen aufgebaut. Vor ihm spielte ein "Hirte" auf einem Klarinetten ähnlichem Instrument hingebungsvoll. Die Reiter in ihren traditionellen Kostümen, den blauen Jacken mit den weiten Ärmeln und den Hüten mit den hochgezogenen Krempen auf ihren schönen Pferden begannen ihre Spiele. Mal mussten sie im vollem Galopp Kegel umwerfen, die auf einen Baumstamm gestellt waren oder es wurde um das Halstuch eines "Mädchens" gekämpf. Der Sieger durfte die Schöne dann küssen. Zur Erheiterung des Publikums ritt zwischen den stattlichen Pferden ein "armer Hirte" auf einem Esel, natürlich war er bei jedem Spiel letztendlich der Sieger.
Die Reiter beherrschten ihre Pferde gut. Auch das laute Knallen der Peitschen beeinflusste sie nicht. Nachdem die Kutscher zwei-, vier-, sechs- und achtspännig ihre Künste gezeigt hatten, kam der Höhepunkt der Schau: das Reiten im Stand auf acht Pferden. Nach dieser beeindruckenden Demonstration fiel für mich die angekündigte Kutschfahrt aus, es hatte zu regnen begonnen, und nur wenige Unverdrossene stiegen auf die großen Wagen.
Unser Bus brachte uns zu einem kleinen Heimatmuseum im Zentrum von Kalosca. Weiter gingen wir in die barocke Kathedrale und hörten ein für meine Ohren (und nicht nur meine) ein zu laut gespieltes Orgelkonzert.
Kalosca ist eine der ältesten Städte Ungarns und war einst Sitz des Erzbischofs und eine bedeutende Handelsstadt an der Donau. Heute mussten wir 6,5 km fahren, um an unser Schiff zurück zu kommen.