10. April 2011

Um 6 Uhr läutete der Wecker. Eine halbe Stunde länger schlafen hätten wir uns schon gönnen können, so standen wir viel zu früh im Frühstücksraum. Pünktlich um 8 Uhr war der Bus gepackt, und wir starteten ins 200 km entfernte Fes.
Nachdem der steile Abstieg vom Rifgebirge hinter uns lag, fuhren wir auf einer gut ausgebauten zweispurigen Straße durch weite grüne Täler und über sanfte Hügel. Es ist eine für Ackerbau genutzte Landschaft.
Morgens war es recht kühl, der Himmel war bedeckt, kurz vor Fes aber glitzerte ein von Hügeln umgebener großer Stausee in der Sonne.
Es war zur Mittagszeit als wir oberhalb von Fes am Bordj Nord hielten. Trotz des Dunstes bekamen wir einen Eindruck von dem wilden Häusergewirr der großen Stadt, aus dem nur die Türme der Moscheen herausragten. Unser Fahrer brachte uns sicher zu unserem Hotel Madrid, das nahe dem schönsten Stadttor von Fes, dem Bab Boujeloud, liegt. Schnell waren die Koffer ausgeladen und die Zimmer verteilt. Das Hotel hat einen schönen Innenhof mit Tischen und Stühlen. Unter der umlaufenden Galerie setzten sich einige von uns zusammen, um statt eines Mittagessens unser mitgebrachtes Brot, den Ziegenkäse und die leckeren Oliven zu genießen.
Punkt 14 Uhr stand unser örtlicher Reiseführer bereit. Er heißt tatsächlich nicht Mohammed, wie anscheinend 70% aller Marokkaner, sondern Hichan. Wir hatten uns eine Stadtführung gewünscht, so wurden wir zu den interessanten Punkten der Medina geführt. Ein wenig lehrerhaft erklärte uns Hichan, dass das Kairaouine-Viertel aus zehn selbständigen Quartieren besteht. Jedes hat eine Moschee, eine Koranschule, einen Brunnen, einen Backofen und ein Hammam, sowie einen Souk zum Einkaufen der täglichen Lebensmittel. Man muss hier aufgewachsen sein, um sich in den teilweise kaum mannshohen und schmalen Gässchen zu recht zu finden. Er führte uns zielgerichtet durch das Gewusel zu der alten Wasseruhr, die wir allein als solche nicht erkannt hätten.
Danach besichtigten wir die Medersa Attarine, eine Hochschule aus der Mitte des 14.Jahrhunderts. Durch eine geschnitzte Holztür betraten wir eine andere Welt. Die wunderschönen Holztüren, die herrlichen farbigen Mosaike und die prächtigen Stuckarbeiten stehen im krassen Gegensatz zu der Einfachheit der Gängen des Souks. Allerdings meinte Hichan, auch hinter anderen grauen Wänden der Medina verbergen sich sehr schön ausgestattete Riads. Leider konnten wir keines besichtigen, aber vielleicht trinken wir morgen, wenn wir allein durch Fes stromern, einen Kaffee in einem zum Hotel oder Restaurant umgebauten Riads.
Weiter ging es zur berühmten Moschee Kairaouine, sie gilt als älteste Universität der Erde. Sie wurde 956 als Zentrum des islamischen Glaubens und Wissens gegründet. Als Nichtmuslime durften wir nur einen kurzen Blick durch das Eingangstor in den schönen Innenhof werfen. Weiter folgten wir unserem Hichan durch die engsten Gassen des Souks. Den Anschluss an die Gruppe durfte ich nicht verlieren, denn hier heraus würde ich nicht finden.
Wir wurden in einige Fondouks, ehemaligen Karawansereien, geführt. Hier haben sich Handwerksbetriebe eingerichtet. Besonders kurios fanden wir die Angebote in den Werkstätten der Hochzeitsmöbelhersteller. In den unterschiedlichsten Formen werden Thronsesseln ähnliche Prunkmöbel geschreinert, die dann gepolstert und mit goldenen oder silbernen Stoffen bezogen werden. Wie wir erfuhren, werden diese Möbel für die Hochzeit gemietet. Nun war uns auch klar, warum die empfindlichen Stoffe alle mit durchsichtiger fester Plastikfolie überspannt waren
. Wir kamen an eine alte Steinbrücke. Sie führt über den Fluss Oued Fes. Er teilt die Medina in das Kairaouine- und das Andalusierviertel. Er fließt größtenteils unterirdisch. Das ist auch gut so, sonst wäre der Geruch im ganzen Souk unerträglich, denn das Wasser dieses Flusses wird von den Gerbern und Färbern gebraucht. Wir spürten auch als erstes in der Nase, dass wir uns dem Gerberviertel näherten. Wir wurden auf eine der Dachterrassen eines Lederhändlers geführt. Hier oben ist der Gestank erträglich. Wir hatten nun den typischen Blick auf die Bottiche der Gerber, wie man ihn aus allen Reiseführern kennt. Inzwischen war es nach 17 Uhr, und es wurde nicht mehr gearbeitet. Die Bottiche mit den Farben lagen im Schatten, so beschlossen wir, uns morgen allein durch den Dschungel der Gassen zu wagen, um zu fotografieren. Heute waren wir froh, von Hichan zurück zum Bab Boujeloud gebracht zu werden.
Dort, auf einem der vielen Dachgärten der Restaurants aßen wir zu Abend und versuchten die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Uns war heute klar geworden, dass wir als Touristen den normalen Betrieb in der Medina störten. Den Händler mit ihren vollbeladenen Karren, ihren bepackten Eseln und auch denen, die schnell ihre Einkäufe machen wollten, standen wir immer im Weg. Nur die Händler, die ihre Waren an Touristen verkaufen wollten, versuchten uns an ihren Stand zu locken, sie konnten dazu in allen Sprachen kommunizieren.
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