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Wir wurden schon um 4:30 Uhr aus dem Bett gejagt. Einer von unserer Gruppe hatte die tolle Idee, den Sonnenaufgang in My Son zu erleben. Also brachen wir um 5:30 Uhr ohne Frühstück auf.
Vor meiner Vietnamreise habe ich nie etwas von den Cham gehört. Schon auf der Fahrt hierher begegneten wir ihren typischen Ziegeltürmen. Sie hatten im 9. Jahrhundert im heutigen Zentralvietnam ein großes Reich gegründet. Seit unserem Besuch im Cham Museum in Da Nang wussten wir von der starken indischen Prägung der Cham-Religion. Nun waren wir gespannt auf die Tempelstadt My Son.
My Son liegt mitten in dichtem Wald ungefähr 50 km von Hoi An entfernt. Natürlich waren wir die Ersten, die dort ankamen. Allerdings wurde es mit dem Sonnenaufgang nichts. Die alten Tempel lagen in geheimnisvollem Dunst. Lautes Vogelgezwitscher begleitete uns auf unseren ersten Schritten durch das feuchte Gras. Weil der versprochene Fremdenführer nicht kam, konnten wir ungestört die bemoosten Tempelanlagen entdecken. Die hohen Türme aus Ziegelsteinen waren beeindruckend, und ein wenig erahnte ich die frühere Erhabenheit der Tempel. Die reichen Verzierungen sind verwittert, aber erkennbar. Es sind unterschiedliche Darstellungen der Gottheiten des Hinduismus, die neben filigranen Mustern die Tempel schmücken. Wir waren gewarnt worden, nicht die Wege zu verlassen, da auch hier noch vergessene Minen aus dem Vietnamkrieg liegen könnten. My Son war nämlich von den USA bombardiert und schwer beschädigt worden. Wie großartig muss die Anlage gewesen sein, bevor die Bomben 50 von den 70 Tempeln zerstört haben. Noch heute sind die Bombentrichter zu sehen. Der Wiederaufbau wird von internationalen Experten unterstützt, denn My Son gehört seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe. Da man auf die Dokumentation und Fotografien der Bauwerke durch den Franzosen Henry Parmentier von 1909 zurückgreifen kann, ist nun nur noch das Rätsel zu klären, wie die Ziegelsteine zusammen gehalten wurden.
Hatten wir am Morgen geknurrt, weil wir so früh aufstehen mussten, zeigte sich gegen 10 Uhr, warum es gut war, so früh hierher zu kommen. Es kamen große Busse mit anderen Touristen, die nach einer organisierten, aber sehr netten Tanzvorführung das Gelände in Besitz nahmen. Die majestätische Abgeschiedenheit des stillen Ortes und der besondere Reiz der bröckelnden, von Lianen überwucherten Ziegelkolosse inmitten des Dschungels wären dahin gewesen.
Zurück in Hoi An gingen wir ins Poh II zum Mittagessen, hier wurde "Cao Lau" serviert, ein typisches Gericht aus flachen Nudeln mit Croutons, asiatischem Gemüse und Fleisch oder Garnelen in pikanter Brühe. Mit Stäbchen gegessen war es ziemlich sicher, dass wir nun wieder mit bekleckerter Bluse oder Hose durch die Stadt laufen werden.
Wir hatten den Tipp bekommen, in der Le Loi-Gasse ein Schneiderei aufzusuchen, in der Seidenraupen gezüchtet werden. Eine nette junge Frau zeigte uns ausführlich den Prozess der Seidengewinnung. Dann erklärte sie uns die unterschiedlichen Qualitäten von Seide. Noch immer ärgere ich mich, diesen Laden so spät entdeckt zu haben, denn so eine Seidenhose für 30 $ anfertigen zu lassen, hätte mich schon gereizt. Aber wir mussten am nächsten Morgen abfahren und das war mir - trotz der Beteuerungen der Verkäuferin, es wäre kein Problem - zu riskant. Bevor wir zum Packen in unser Hotel, dem Golf-Hotel, gingen, gönnten wir uns noch ein leckeres Törtchen und einen dieser köstlichen vietnamesischen Kaffees.