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Nach dem Frühstück brachen wir zu dritt auf, Saigon zu erobern. Der Weg von unserem Hotel in das Stadtzentrum war einfach, wir mussten nur geradeaus gehen, dann kamen wir an dem Palast der Wiedervereinigung mit seiner streng gegliederten Fassade vorbei. Von dort aus erreichten wir über eine prächtige Promenade die Kathedrale. Auf den breiten Straßen um sie herum herrschte reger Autoverkehr. Dank unserer Übung kämpften wir uns auch hier durch den Verkehr auf die Mittelinsel und besichtigten das Gotteshaus. Sicher sind die farbigen Glasfenster für Vietnam etwas ganz Besonderes, aber als unzählige Kathedralen kennender Europäer war ich nicht sonderlich beeindruckt. Dagegen fand ich das alte Postamt, das ebenfalls aus der französischen Kolonialzeit stammt, interessant. Es wurde von Gustave Eiffel erbaut. Das Haus erinnert wegen seiner Gewölbekonstruktion an eine Bahnhofshalle, ist aber innen durch seinen prächtigen Fußboden, die Holzbänke und altmodischen eleganten Türen der Telefonzellen sehr gemütlich. In den Querachsen sind heute schöne Läden untergebracht. Natürlich werden auch die üblichen Souvenirs angeboten, aber das Postamt ist noch in voller Funktion.
Vorbei am heutigen Sitz des Volkskongresses mit der verspielten Fassade, die sich wunderbar in den hochglänzenden Keramikfliesen des gegenüberliegenden Luxuskaufhauses spiegelte, dem Theater und den prächtigen alten Hotels gingen wir zum Saigonfluss. Es zogen große Frachtschiffe vorbei, alte Dschunken lagen am gegenüberliegenden Ufer, an dem Fähranleger herrschte reger Betrieb. Die Restaurantschiffe an der Kaimauer machten zu dieser Tageszeit keinen besonders einladenden Eindruck, aber wir sahen sie am Abend strahlend beleuchtet von der Bar des 265 m hohen Bitexco Financial Tower aus.
Nun war es Zeit für einen Eiskaffee. Wir fuhren auf den Dachgarten des Hotel Rex, in dem während des Vietnamkrieges die Journalisten wohnten. Dieser Kaffee war zwar der teuerste, den wir getrunken haben, aber auch der beste, und wir genossen ihn in einer wunderbar entspannenden Atmosphäre.
Nun hatten wir wieder Lust auf mehr Saigon und stürzten uns in das wuselige Treiben der Ben Thanh Markthalle. Sie wurde ebenfalls in der französischen Besatzungszeit als zentrale Markthalle gebaut. Durch ihren Uhrenturm ist sie nicht zu übersehen und damit auch ein Anziehungspunkt für alle Saigon-Touristen. Auch dieser Markt ist nach den angebotenen Waren gegliedert. Wir probierten vor allem die exotischen Früchte und versuchten die Namen zu erfragen. Das war nicht einfach, denn der englische Wortschatz der Anbieter ist sehr beschränkt. Natürlich gibt es auch hier einen großen Bereich mit Essensständen. Wenn man sich damit abgefunden hat, wie in den engen "Küchen" abgewaschen wird, ist man überrascht, wie lecker alles schmeckt. Erstaunlicherweise hatte unser Magen-Darm-Trakt nie Probleme mit dem Essen aus Garküchen.
Obwohl die Jadekaiser Pagode außerhalb des Distrikt 1 liegt, machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Allerdings hatten wir die Strecke und die Hitze unterschätzt. Die Pagode liegt in einer schmalen Straße. Vor ihr drängten sich viele Leute und noch mehr Motorradfahrer. An ihnen kamen wir fast nicht vorbei. Offensichtlich hatten sich alle Vietnamesen vorgenommen, heute hierher zu kommen. In den Wasserbecken in den Vorhöfen tummeln sich Fische und eine Unzahl von Schildkröten in allen Größen, sie gelten als Glücks- und Wohlstandsbringer. Die grünen Keramikziegel auf den verwinkelten Dächern bilden einen schönen Kontrast zu den rosafarbenen Mauern. Eigentlich störten wir neugierigen Touristen mit unserer Besichtigung die Besucher, die feierlich ihre Räucherstäbchen anzündeten, sich ihr Horoskop aufschreiben ließen oder Öl, abgefüllt in Fantaflaschen, kauften, um es ins Feuer gießen zu lassen und dabei zu hoffen, ihr Wunsch gehe in Erfüllung. Den Hauptaltar mit dem prächtig gekleideten Jadekaiser umziehen Rauchschwaden, wird ihm ein Opfer gebracht, erklingt ein Glöckchen. Für uns war alles sehr fremd.
Der Tempel wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und soll zu den Meisterwerken chinesischer Tempelbaukunst zählen. Mehr noch als die schönen Holzschnitzarbeiten, die Vielzahl der großen Skulpturen und die farbenprächtige Ausstattung der verschiedenen Räume waren wir von der Ernsthaftigkeit der vielen Besucher fasziniert, die offensichtlich unbehindert von der kommunistischen Staatsmacht in den Pagoden ihrem Glauben nachgehen.
Bevor wir uns ein Taxi zur Fahrt nach Cholon, dem chinesischen Viertel Saigons suchten, genossen wir die angenehme Kühle im Schatten des alten Banyan Baumes im Vorhof des Tempels.
Cholon war weiter entfernt als wir dachten. Wir wollten zu den drei Pagoden, aber unser Taxifahrer war nicht zu überreden anzuhalten. Er fuhr uns bis zum Binh Tay Markt nahe des Bus-Bahnhofs. Nun waren wir mitten im Marktgewühl. Dieser Markt war nicht mit dem in der Stadt zu vergleichen, hier wurden riesige Mengen an Kisten hin und her geschleppt, wir konnten uns nur schwer fortbewegen. Immer hatten wir das Gefühl, wir stünden im Weg. Eigentlich hatte es keinen Spaß gemacht, hier zu bleiben. Gerade als unser Frust am Größten war, liefen uns Maxi, Gerald und Rudi aus unserer Reisegruppe über den Weg. Brigitte fiel dem verblüfften Gerald um den Hals, froh in diesem unsympathischen Teil der Stadt Bekannte zu treffen. Maxi sagte uns dann noch, das die Pagoden um 18 Uhr schließen. Wir wollten versuchen, wenigstens noch eine zu besichtigen. Wir gingen eine schmutzige Mittelpromenade entlang, einige Ratten flitzten vor uns ins Gebüsch.
Zu Brigittes Verzweiflung mussten noch mehrere viel befahrenen Straßen überquert werden - eigentlich hatten wir alle dafür keine Nerven mehr. Die Pagode, die wir besichtigen wollten, war schon geschlossen. Also hielten wir ein Taxi an und ließen uns zum Hotel Rex fahren. Dort kannten wir von heute Mittag ein Restaurant, das gezapftes Bier anbot, und das war jetzt genau das Richtige für uns, zumal es in der "Happy hour" nur die Hälfte kostete. Zusätzlich gab es noch Life-Musik, und ich konnte mir ein richtiges vietnamesisches Lied wünschen.